Sachverständigenfortbildung 2023 - Bericht

Sachverständigenfortbildung am 15. Februar 2023 

Die GAB veranstaltete gemeinsam mit der Bayerischen Verwaltungsschule (BVS), in Kooperation mit dem Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) sowie dem Ingenieurtechnischen Verband für Altlastenmanagement und Flächenrecycling e. V. (ITVA), Regionalgruppe Bayern, auch in diesem Jahr eine Fortbildung für Sachverständige nach § 18 BBodSchG. Das Seminar fand als reine Online-Veranstaltung statt und war mit rund 170 Teilnehmenden sehr gut besucht. 

Zu Beginn der Veranstaltung begrüßten Herr Dr. Andreas Hofmann, Geschäftsführer der GAB, Herr Tim Asam, Vertreter der ITVA Regionalgruppe Bayern und Herr Matthias Heinzel, Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU) die Teilnehmenden. 

Im ersten Themenblock Sachverständige und Untersuchungsstellen berichtete Frau Linda Dworak, LfU Bayern, über Aktuelles aus der Zulassungsstelle: Sachverständige. Frau Dworak zeigte, dass 50 % der insgesamt 125 in Bayern zugelassenen Sachverständigen 60 Jahre und älter sind und in den Jahren 2019 bis 2022 zwölf Sachverständige ausgeschieden und lediglich sechs Sachverständige neu zugelassen wurden. Frau Dworak nahm dies zum Anlass einige Hinweise für Interessierte zu geben. So sollten Bewerber ihre Berufserfahrung durch eine mindestens 5-jährige Tätigkeit – hierbei 3 Jahre eigenverantwortliche Entscheidungen - erworben haben. Voraussetzung für die Zulassung sei zudem die Vorlage zweier Referenzgutachten je Sachgebiet, die die vorhandene Breite und Tiefe der vorhandenen Fachkenntnisse abbilden. Außerdem sollte der Bewerber in den letzten drei Jahren Fortbildungsveranstaltungen besucht haben. Ausführliche Informationen zu Zulassungsvoraussetzungen und Pflichten der Sachverständigen sind in der Sachverständigen- und Untersuchungsstellen-Verordnung – VSU nachzulesen. Frau Dworak wies darauf hin, dass für öffentlich bestellte Sachverständige für Altlasten nach § 36 GewO ein vereinfachtes Zulassungsverfahren möglich sei, sofern sich die Inhalte des nach § 39 GweO zugelassenen Sachgebiets im Wesentlichen dem des beantragten Sachgebiets (§ 6 VSU) entsprächen. Die Zulassung Sachverständige/r sowie die Zulassung Untersuchungsstelle kann im BayernPortal digital beantragt werden. 

Herr Dr. Felix Geldsetzer, LfU Bayern, berichtete über Aktuelles aus der Zulassungsstelle: Untersuchungsstellen. Aktuell gibt es 60 durch Bayern zugelassene Untersuchungsstellen, wovon 7 ihren Sitz in anderen Bundesländer haben. Im Hinblick auf die Ergebnisunsicherheit bei Altlastenuntersuchungen wies der Vortragende darauf hin, dass eine schematische Bewertung von Analysenergebnissen mittels statistischer Methoden anhand der ermittelten Messunsicherheiten von Bayern abgelehnt werde. Vielmehr solle der Sachverständige die Untersuchungsergebnisse anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls bewerten. Weiterhin kündigte der Referent einen Ringversuch Grundwasserprobenahme für 2024 an, der verpflichtend für zugelassene Untersuchungsstellen nach VSU für Teilbereich 2.1 ist. Die Durchführung mit Auditierungen vor Ort sei für das Sommerhalbjahr 2024 geplant. 

Anschließend stellte Klaus Bücherl, V18 Vereinigung der Sachverständigen und Untersuchungsstellen nach § 18 BBodSchG, Aktuelles aus dem V18, hier insbesondere die Fortbildungsoffensive vor. Unter dem Titel „Ihr Weg zur/m Sachverständigen“ bietet der V18 Fortbildungsveranstaltungen an. Berufsanfänger werden in einer ganztägigen Veranstaltung (in Präsenz) in die Sachverständigentätigkeit eingeführt. Dabei werden rechtliche, naturwissen­schaftliche Grundlagen sowie Grundlagen zur Probenahme, Analytik und Bewertung vermittelt. In einer weiteren halbtägigen online-Veranstaltung werden gesetzliche Grundlagen der Notifizierung, formale Anforderungen, Zulassungsverfahren und Ablauf der Prüfung in der Praxis aufgezeigt. Für Projektarbeiter mit mindestens 4 Jahren Berufserfahrung wird ein ein- bis zweitägiger Workshop „Vom Projektleiter zum Sachverständigen“ aufgeteilt in die Sachgebiete 1, 2 und 5 sowie Sachgebiete 3 und 4 angeboten. Des Weiteren werden Fortbildungen für Geo-Büros angeboten, die sich auf die Akkreditierung vorbereiten. 

Herr Matthias Heinzel berichtete über aktuelle Themen am LfU. Derzeit werden sieben der acht bayerischen LfU-Merkblätter überarbeitet, die dann voraussichtlich im August 2023 mit Inkrafttreten der neuen Mantelverordnung zur Verfügung stehen. Ab Sommer/Herbst 2023 werden diese bei verschiedenen Veranstaltungen, online-Infos usw. vorgestellt. Zum Thema PFAS berichtete der Vortragende, dass derzeit 114 PFAS-Fälle in Bayern bekannt seien. Informationen hierzu finden sich im Landtagsbericht zu PFAS in Bayern – V 1.0 von 09.2022, der alle zwei Jahre aktualisiert werde. Des Weiteren berichtete Herr Heinzel, dass vor dem Hintergrund der wiederholten Anfragen bezüglich As-Mobilisierung im Bereich von Altablagerungen/Deponien (und Verfüllungen) die Erarbeitung einer Fachinformation vorgesehen sei.

Im Themenblock Bodenuntersuchung und Bodenmanagement referierte Daniel Ruech, Sensatec GmbH, Darmstadt, über die Aufbereitung von Erkundungsdaten aus MIP Sondierungen für GIS Anwendungen. Grundsätzlich können Direct-Push (DP) Techniken in der Praxis schnelles und zielgerichtetes Arbeiten ermöglichen, einerseits im Zuge von Erkundungsmaßnahmen (MIP und HPT Sondierung, EC Log) und andererseits bei der Sanierung selbst (Injektion über Bohrgestänge, Kombination mit weiteren Technologien). Der Vortragende stellte zunächst die Erkundungsverfahren MIP (Membrane Interface Probe), HPT (Hydraulic Profiling Tool) und EC-log (Electronic Conductivity) vor und erläuterte jeweils deren Vorteile, Einsatzmöglichkeiten sowie die aus den Verfahren generierbaren Informationen. Anschließend ging er auf die Liner- und Grundwasser-Sondierungstechniken mittels DP ein und beschrieb deren Durchführung und Grenzen. Des Weiteren zeigte Herr Ruech Möglichkeiten zur Darstellung der Schadstoffkon­zentration, Schadstoffverteilung und Untergrundverhältnisse in GIS auf. An zwei Praxisbeispielen wurden die Einsatzmöglichkeiten von DP Techniken vorgestellt und eindrucksvoll veranschaulicht, wie mit Hilfe von DP Verfahren Boden- und Grundwasserverunreinigungen lokalisiert, räumlich abgegrenzt sowie in GIS visualisiert werden konnten.

In seinem Vortrag Abfallvermeidung durch intelligentes Bodenmanagement (InBoMa) beleuchtete Carlo Schillinger, LGA Institut für Umweltgeologie und Altlasten GmbH, Nürnberg, kritisch den Umgang mit anfallendem Bauschutt und kontaminiertem Boden bei Flächenrecyclingmaßnahmen in Deutschland. Hier sei die Abfuhr und externe Entsorgung von Bauschutt und belasteten Böden meist noch immer der Regelfall. Vor dem Hintergrund schwindender Deponiekapazitäten und im Kampf gegen die Klimaerwärmung sei die Vermeidung von Abfall von zunehmender Wichtigkeit. An zwei Praxisbeispielen stellte der Vortragende dar, wie mit einer intelligenten Bodenmanagementplanung große Mengen an Abfall vermieden werden konnten. Bei der Sanierung eines Volksfestplatzes war zur Verbesserung der Tragfähigkeit ein flächiger Bodenaustausch von ca. 97.000 m³ verunreinigten Bodens geplant. Mit der Lösung, die Bodenverbesserung nur auf Teilflächen und durch Aushub und Wiedereinbau nach Bodenverbesserung zu realisieren, konnte eine maximale Abfallvermeidung erreicht werden. Auch im zweiten Praxisbeispiel “Neubau Technische Universität“ konnten durch eine angepasste Rahmenplanung und ein Bodenmanagement-Konzept die abzufahrenden Abfallmengen erheblich reduziert werden. 

Im dritten Themenblock Sanierungsuntersuchung stellte Dr. Johannes Besold, LfU Hof, den Ablauf einer Sanierungsuntersuchung und Ableitung von Sanierungszielen vor. Ziel von Sanierungsuntersuchungen ist es, anhand eines Sanierungsziels zu ermitteln, mit welchen Maßnahmen eine Sanierung im Sinne des BBodSchG erreicht werden kann. In einem ersten Schritt sollten Sanierungsziele einzelfall- und standortspezifisch abgeleitet werden. Die Sanierungsziele können dabei vom Sachverständigen zu Beginn der Sanierungsuntersuchung vorgeschlagen werden, müssen aber stets von der Behörde bestätigt werden. Anschließend erfolgt in einem zweiten Schritt eine Variantenstudie, in der zunächst die grundsätzliche Eignung aller Maßnahmen in Hinblick auf die festgelegten Sanierungsziele geprüft wird. Danach wird die Erforderlichkeit geprüft, indem das mildeste Mittel aus den geeigneten Varianten (Vorzugvariante) abgeleitet wird. Abschließend, so Herr Dr. Besold, erfolge die Prüfung der Angemessenheit. Dazu wäge die Kreisverwaltungsbehörde ab, ob Belastungen und Beeinträchtigungen des Pflichtigen, der Allgemeinheit, der Umwelt oder der Natur und Landschaft im Verhältnis zum verfolgten Zweck stehe. 

Anschließend gab Prof. Dr. Uwe Hekel, HPC AG, Rottenburg, einen Überblick über Immissionspump­versuche. Im Vortrag wurden zunächst die Funktionsprinzipien von Immissionspumpversuchen, deren Voraussetzungen sowie eine vereinfachte Rückrechnung auf die Fahnenlage und ‑konzentration erläutert. Im Folgenden ging der Vortragende auf Berechnungsverfahren für Immis­sions­pump­versuche ein. Insbesondere wurden dabei die vereinfachte analytische Inversions­rechnung nach Teutsch und die praxisgerechte Softwarelösung C-SET der LUBW Baden-Württem­berg vorgestellt. Des Weiteren wurden wesentliche Forschungs- und Pilotprojekte sowie relevante rechtliche Grundlagen und Leitfäden der Länder dargestellt und anhand von zwei Fallbeispielen Möglichkeiten und Grenzen vom Immissionspumpversuchen aufgezeigt. Dabei wurde auch auf die Kosteneffizienz von Immissionspumpversuchen eingegangen. 

Im letzten Vortrag des Themenblocks stellte Herr Dr. Alexander Poser, R & H Umwelt GmbH, Nürnberg Die Radiokohlenstoffdatierung als Indikator für anaerobe Abbauprozesse anhand des Projektes IN-Campus vor. Auf der Altlastenfläche wurde von 1965 bis 2005 eine Erdölraffinerie betrieben, die im Wesentlichen zu Kontaminationen mit Mineralölkohlenwasserstoffen (MKW), aromatischen Kohlenwasserstoffen (BTEX) sowie Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) führte. Wenige Wochen bis Monate nach der Bodensanierung traten in einem Bereich sehr hohe Methankonzentrationen (max. 220 g/m³) mit starken räumlichen Konzentrations­schwankungen auf. Da die Methanbildung in dieser Höhe auf dem Sanierungsgelände untypisch gewesen sei, galt es deren Quelle zunächst zu klären. Mit Hilfe der Radiokohlenstoffdatierung konnte das Alter des organischen Kohlenstoffs, der zur Bildung des Methans geführt hatte, bestimmt werden. Die Ergebnisse der 14C-Analysen des Methans und Kohlendioxids der Bodenluft wiesen auf einen vernachlässigbaren Anteil (≤ 5 %) von fossilem Kohlenstoff (z. B. MKW aus der Herstellung von Erdöl, Kohle) hin. Somit konnte nachgewiesen werden, dass das Methan nicht auf die Altlast, sondern auf natürlich vorkommendes organisches Material (Alter max. 500 Jahre) zurückzuführen ist. 

Im letzten Themenblock Grundwassersanierung blickte Herr Prof. Dr. Christoph König, Ingenieurbüro delta h gmbH, Witten im Vortrag mit dem Titel "Strömungsmodell und Schadstofftransportmodelle" auf die Entwicklung der Finite-Elemente-Methode (FEM) seit den 70er Jahren zurück. Entsprechend dem Anstieg der verfügbaren Computer-Rechenleistung sei die Anzahl der Knotenpunkte bis heute von 1.000 auf mittlerweile über 8 Millionen Knoten gestiegen. Auf Basis der FEM seien im Ingenieurbüro delta h gmbH die Software-Tools SPRING (Simulation of Processes in Groundwater) und STRING (Schweifanimation auf Basis der Trajektorien instationärer Gewässerströmungen) entwickelt worden, die zur Erstellung von Grundwasserströmungs-, Wärmetransport- und Stofftransportmodellen dienen. Hierzu präsentierte Herr Prof. Dr. König mehrere von seiner Firma entwickelter Grundwassermodelle, z. B. die tagesscharfe Grundwasser­neubildungsberechnung vom Zustand des Trockenfallens bis zur Hochwassersituation, die numerische Grundwassermodellierung für den Langsicherheitsnachweis des geplanten Endlagers für radioaktive Abfälle Morsleben, die Stofftransportmodellierung für Altlastenverdachtsflächen an der Emscher sowie 3D-Transport­berechnungen an Tagebauen in der Oberpfalz (Knappensee, Steinberger See). 

Herr Benjamin Klock, GEO-Bohrtechnik GmbH, Blaustein/Bermaringen ging in seinem Vortrag Brunnen- und Messstellenbau im kontaminierten Bereich auf die Themen Abdichtungsmaterialien, Ausbaumaterialien und Pumpentechnik ein. Herr Klock stellte zunächst die Abdichtungsmaterialien Zement, Bentonit, Dämmer, Produkte mit Bentonit und Zement mit Bentonit vor. Generelle Anforderungen an die Ringraumabdichtung, spezifische Materialeigenschaften, marktübliche Produkte und Einbauverfahren wurden detailliert erläutert. Als Ausbaumaterialien benannte Herr Klock Kiesbelagfilter, Wickeldrahtfilter sowie PVC-U- und PE-HD-Filter mit ihren materialspezifischen Eigenheiten wie unterschiedlichen Innen- und Außen-Durchmessern, Baulängen und dem Adsorptionsvermögen für bestimmte Schadstoffe wie LHKW und Mineralöl­kohlen­wasserstoffe (MKW). Außerdem berichtete er über die Auswahl und Bemessung von Pumpen anhand der Leistungskennlinien sowie der Materialgüte der Pumpe. 

Im letzten Vortrag gab Frau Clarissa Kellner einen Überblick über die Konzeption von Grundwasserreinigungsanlagen. Die Referierende stellte praxisrelevante Sanierungsverfahren vor und stellte dabei die maßgeblichen Kriterien für die Verfahrensauswahl, die üblichen Aufbereitungsschritte (Vorbehandlung – Reinigung – Nachbehandlung) sowie eine schadstoff­abhängige Matrix für die Verfahrensauswahl dar. Des Weiteren erläuterte Frau Kellner am Beispiel des Vergleichs Strippung vs. Wasseraktivkohleadsorption die Auslegung von Wasseraktiv­kohlefiltern und die Anlagendimensionierung. Weiterhin stellte sie aus betriebswirtschaftlicher Sicht Argumente für den Kauf bzw. für die Miete einer Anlage gegenüber und nannte erforderliche technische Angaben und Unterlagen für die Angebotsanforderung. Ihren Vortrag schloss sie mit Hinweisen für die optimale Ausschreibung von Grundwasser­reinigungsanlagen ab. 

Die Resonanz auf die Veranstaltung war sehr positiv. Zu diesem schönen Erfolg trugen maßgeblich die Referierenden mit ihren interessanten und sehr aktuellen Vorträgen bei. Dafür an dieser Stelle nochmals ein besonderer Dank. Den Referierenden und Moderierenden gilt auch ein Dank für die Zeit und Geduld, die sie für die Vorbereitung der Online-Veranstaltung aufgebracht haben. Ebenso ergeht ein Dank an die BVS für die hervorragende Organisation der Online-Veranstaltung, sowie natürlich auch an alle Teilnehmenden für die rege Beteiligung und ihre Diskussionsbeiträge.

Bericht auch in GAB Kompakt 01/23, März 2023