Sachverständigenfortbildung 2025 - Bericht
Fortbildung für Sachverständige nach § 18 BBodSchG am 19. Februar 2025
Die GAB veranstaltete gemeinsam mit der Bayerischen Verwaltungsschule (BVS), in Kooperation mit dem Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) sowie dem Ingenieurtechnischen Verband für Altlastenmanagement und Flächenrecycling e. V. (ITVA), Regionalgruppe Bayern, auch in diesem Jahr eine Fortbildung für Sachverständige nach § 18 BBodSchG. Das Seminar fand als hybride Veranstaltung statt und war mit rund 190 Teilnehmenden (rund 80 in Präsenz und rund 110 Online) sehr gut besucht.
Auditorium, Bild der BVS, Veronika Hutter
Zu Beginn der Veranstaltung begrüßten Herr Dr. Andreas Hofmann, Geschäftsführer der GAB, Herr Jörg Weindl, Vertreter der ITVA Regionalgruppe Bayern und Herr Matthias Heinzel, Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU) die Teilnehmenden.
Im ersten Themenblock Aktuelles und Neuerungen berichtete Herr Matthias Heinzel über aktuelle Themen am LfU. Zunächst gab Herr Heinzel bekannt, dass das Referat 96 ab 1. März 2025 in Referat 97 umbenannt werde. Des Weiteren informierte er darüber, dass Frau Linda Dworak die Stellvertretung des Referats übernommen habe und die Leitung der Zulassungsstelle VSU Sachverständigen an ihren Kollegen Herrn Gerald Deinzer übergeben habe. Bezüglich aktuellem Stand der LfU-Merkblätter berichtete Herr Heinzel, dass das Merkblatt 3.8/2 „Vergabe“ voraussichtlich im 2. Quartal 2025 veröffentlicht werde. Bereits zur Verfügung stehe seit Mitte letzten Jahres die LfU-Arbeitshilfe „Prüfschema zur Plausibilitätsprüfung von Gutachten“. Ebenfalls veröffentlicht wurde im September 2024 der Landtagsbericht „Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) in Bayern“. Wichtige Aktivitäten auf Bundesebene, so der Referent, seien u. a. die Weiterentwicklung von ALTEX–1D als Online-Tool und die Erarbeitung der Grundlagen für den Umgang mit Asbest auf altlastverdächtigen Flächen und Altlasten. Im zweiten Teil seines Vortrags ging Herr Heinzel auf häufig gestellte Fragen ein, die sich auf Grund der Einführung des neuen BBodSchG und der daran angepassten neuen LfU-Merkblätter ergeben haben.
Herr Gerald Deinzer, Zulassungsstelle: Sachverständige am LfU Bayern, zeigte in seinem Vortrag den Ablauf und die Kosten des Zulassungsverfahrens für Sachverständige auf und wies darauf hin, dass sogenannte Personen mit vergleichbarer Sachkunde (Prüfung durch die Kreisverwaltungsbehörde) nicht als Sachverständige nach § 18 BBodSchV tätig werden können. Mittels einer Grafik zeigte der Referent die hohe Erfolgsquote der Zulassungsanträge mit Sachkundeprüfung der letzten Jahre auf. Im Anschluss an seinen Vortrag berichtete Bert Schleußinger, HPC AG, über seine positiven Erfahrungen auf dem Weg von der Antragsstellung bis zum Fachgespräch.
Herr Dr. Felix Geldsetzer, LfU Bayern, berichtete über Aktuelles aus der Zulassungsstelle: Untersuchungsstellen. Hierbei ging er zunächst auf den Grundwasserprobenahme-Ringversuch 2024 ein. Ein ausführlicher Bericht zu den Ergebnissen wird auf der LfU-Homepage veröffentlicht werden. Des Weiteren wies Herr Dr. Geldsetzer auf die Problematik bei der Akkreditierung nach den Fachmodulen bei der Deutschen Akkreditierungsstelle GmbH (DAkkS) hin. Die DAkkS stelle auf ihrer Website nicht mehr das Formular zur Beantragung einer Akkreditierung nach Fachmodul Boden und Altlasten zur Verfügung (stattdessen Verfahrensliste Anlage 3 BBodSchV). Es müsse jedoch beachtet werden, dass Akkreditierungen ohne Kompetenzbestätigung nach Fachmodul zur Notifizierung nicht ausreichen. Die Notifizierungsstelle empfehle deswegen: Wer zwecks Notifizierung eine Akkreditierung, Verlängerung oder Änderung beantragt, sollte von der DAkkS eine Akkreditierung nach den Anforderungen des jeweiligen Fachmoduls fordern.
Im zweiten Themenblock Wirkungspfad Boden-Mensch stellte Herr Dr. Martin Biersack, LfU Bayern, das neue bayerische LfU-Merkblatt 3.8/8 „Wirkungspfad Boden Mensch (direkter Kontakt) und Expositionsszenario Boden-Bodenluft-Innenraum“ vor. Das Merkblatt fasst die ehemaligen Merkblätter Altlasten 1 und 2 zusammen, wurde an die neue BBoSchV angepasst und berücksichtigt auch Inhalte der „Arbeitshilfe zur Expositionsabschätzung in der Detailuntersuchung“ der LABO. Der Referent erläuterte kurz die verschiedenen Aufnahmepfade für den direkten Kontakt (dermal, oral und inhalativ) und ging dann auf die nutzungsbezogenen Beprobungstiefen gemäß BBodSchV und LfU-Merkblatt 3.8/4 ein. Nach der Darstellung der allgemeinen Bewertungsgrundlagen, die jeweils auf Standardannahmen der Exposition zur Ableitung von Prüfwerten basieren (z. B. 100 % Resorptionsverfügbarkeit), hob Herr Dr. Biersack hervor, dass im Rahmen einer Detailuntersuchung boden- und nutzungsabhängige Expositionsbedingungen einzelfallspezifisch betrachtet werden sollten. Hierzu gehören zusätzlich zum Gesamtgehalt eines Schadstoffs im Feststoff die Resorptionsverfügbarkeit bzw. stoffspezifische Bindungsform, die Relevanz von Schadstoffanreicherung in der Feinkornfraktion (inhalative Aufnahme), zusätzliche Bedingungen wie z. B. die Bodenaufnahmerate (oral) sowie die Aufenthaltsdauer auf der zu beurteilenden Fläche. Hieraus lassen sich dann standortspezifische Beurteilungswerte ableiten, die für die Gefährdungsabschätzung herangezogen werden können. Im Anschluss stellte Herr Dr. Biersack die wesentlichen Inhalte im Hinblick auf das Expositionsszenario Boden-Bodenluft-Innenraumluft im Hinblick auf Schadstoffe in der Innenraumluft dar.
Die neue LABO-Arbeitshilfe zur Expositionsabschätzung in der Detailuntersuchung für den Wirkungspfad Boden-Mensch wurde von Herrn Dr. Ingo Müller, Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie vorgestellt. Der Schwerpunkt der Arbeitshilfe liegt auf dem Direktpfad Boden-Mensch, wobei hier auch die indirekte Schadstoffaufnahme über Nutzpflanzen (Boden-Nutzpflanze-Mensch) sowie Nutztiere (Boden-(Futterpflanze-)Nutztier-Mensch) sowie der Wirkungspfad Boden-Bodenluft-Mensch mitberücksichtigt wurden. Im Hinblick auf dargestellte umfangreiche Möglichkeiten der Expositionsabschätzung hob Herr Dr. Müller hervor, dass auch eine Prüfung deren Entbehrlichkeit sinnvoll sei. Eine Expositionsabschätzung könne so im Einzelfall unterbleiben, wenn z. B. sehr hohe Konzentrationen vorlägen, einfache Maßnahmen zur Gefahrenabwehr umsetzbar seien, die Maßnahmenwerte überschritten und Regelannahmen für die Ableitung der Werte nicht begründet in Zweifel zu ziehen seien oder bereits nutzbare repräsentative Daten (z. B. bei großflächigen Belastungen) vorlägen. Zu Beginn sollten die bodenabhängigen Expositionsbedingungen (= Untersuchungen) betrachtet werden, da diese als Beurteilungsgrundlage für die planungsrechtlich zulässige Nutzung herangezogen werden. Eine Ausnahme stellen eher Untersuchungen an Transfer-/Aufnahmemedien (Innenraumluftmessungen, Pflanzenuntersuchungen, Untersuchungen tierischer Produkte) oder am Schutzgut selbst (Human-Biomonitoring) dar. Diese seien mit hohem Zeit- und Kostenaufwand verbunden, unterliegen zahlreichen Einflussfaktoren und erfassen nur die aktuelle Situation. Insgesamt, so der Referent, biete die Arbeitshilfe ein solides Grundgerüst für die Einzelfallbearbeitung und gebe begründete Entscheidungshilfen für die abschließende Gefährdungsabschätzung.
Anschließend referierte Herr Volker Zeisberger vom Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie über die neue LABO-Arbeitshilfe zur Bewertung von leichtflüchtigen Schadstoffen im Grundwasser hinsichtlich einer möglichen Belastung der Innenraumlauft von Gebäuden dar. Die ALA und LABO haben der Arbeitshilfe bereits zugestimmt, der Umlaufbeschluss der Umweltministerkonferenz steht noch aus. Inhaltlich setzt sich die Arbeitshilfe im Wesentlichen damit auseinander, wie mit aus dem Grundwasser austretenden leichtflüchtigen Schadstoffen in die Bodenluft und ggf. die Innenraumluft umgegangen werden soll, wenn sich zum Zeitpunkt der Beurteilung noch kein Gebäude auf dem Gelände befindet. Da somit keine Innenraumluftmessungen möglich sind, wird über eine abschätzende Betrachtung mittels Verdünnungsfaktoren (1 zu 1.000) über Innenraumluftwerte auf Bodenluftwerte schließlich mittels stoffspezifischer Henrykonstante auf Grundwasserwerte „rückgerechnet“ (bezeichnet als „Hinweiswerte Grundwasser“). Bei einer zukünftigen Bebauung sind die gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse bei Unterschreitung der Hinweiswerte im Grundwasser i. d. R. gewahrt. Werden die Hinweiswerte überschritten wird in der fallspezifischen Expositionsabschätzung (abhängig vom Schadstoff) der Quotient von Gebäudebreite und Abstand der Bodenplatte zum Grundwasser betrachtet. Je kleiner dieser Quotient ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit einer zukünftigen Beeinträchtigung. Ist eine Beeinträchtigung dann immer noch nicht auszuschließen, empfehlen sich weitere Prüfschritte.
Im dritten Themenblock wurde über den korrekten Bau von Grundwassermessstellen und deren fachgerechte Beprobung berichtet. Zunächst erläuterte Herr Carlo Schillinger, LGA Institut für Umweltgeologie und Altlasten GmbH, in gewohnt anschaulicher Weise die Grundregeln beim Bau von Messstellen und Brunnen. Einleitend machte er deutlich, dass der Bau von Grundwassermessstellen immer standortbezogen geplant werden müsse. Nach Hinweisen zu verschiedenen Bohrverfahren und dem erforderlichen Bohrdurchmesser ging Herr Schillinger im Detail auf den Ausbau von Bohrungen zu Grundwassermessstellen ein. Demnach ist zunächst der zu wählende Ausbaudurchmesser für einen störungsfreien Einsatz und Betrieb der Förderpumpe von entscheidender Bedeutung. Wichtig für die Entwicklung der Messstelle und die spätere fachgerechte Grundwasserbeprobung ist ferner die bauseitig vorzugebende korrekte Schlitzweite der Filterrohre, für deren Bemessung ein Berechnungsbeispiel gegeben wurde. Nach Hinweisen zum zu verwendenden Filterkies und Dämmer sowie zum Klarspülen und Entwickeln der Messstellen schloss Herr Schillinger mit dem eindringlichen Appell an die Sachverständigen, Grundwassermessstellen nicht „nach Schema F“ auszuschreiben, sondern den eigenen Sachverstand in der Planung einzusetzen.
Anschließend referierte Herr Dr. Felix Geldsetzer, LfU Bayern, zum Thema Grundwasser bei Altlastenuntersuchungen richtig beproben. Nach Hinweisen zu den zu beachtenden Normen, der Probenahmeplanung sowie den erforderlichen Vorarbeiten zur Probenahme im Gelände, wie z. B. der Identifizierung der Messstellen sowie deren Eignungsprüfung, erläuterte der Referent die fachgerechte Vorgehensweise bei der Grundwasserprobenahme. Demnach ist vor der eigentlichen Probenahme das eventuelle Vorhandensein von aufschwimmender Phase zu prüfen und bei Antreffen diese entsprechend zu beproben. Im Anschluss gab Herr Dr. Geldsetzer Tipps zum korrekten Einbau von Pumpe und Steigleitung, der Vor-Ort-Messung und der Vorpumpdauer, bevor er die Vorgehensweise bei der Entnahme der Grundwasserproben dargestellte. Abschließend informierte der Referent über die erforderliche Dokumentation der Probenahme, über empfohlene Probenkontakt-Materialien sowie den richtigen Umgang mit dem Förderwasser (Reinigung von abgepumptem Wasser mittels Adsorbern).
Am Anfang des Themenblocks Geotechnik stand der Vortrag von Herrn Thomas Bauer, Nickol & Partner AG. Mit dem Titel Geotechnische Erkundung – Anwendung und Praxisbeispiele unter Berücksichtigung Eurocode EC 7-2 ging er auf den Bedarf geotechnischer Erkundungen im Rahmen der Baugrunduntersuchung ein. Geotechnischen Erkundungen liegt die Norm EC 7-2 zugrunde, die aus mehreren nationalen Normen (DIN EN 1997) entwickelt wurde und geotechnische Aspekte und Anforderungen an die Festigkeit, Standsicherheit und Dauerhaftigkeit von Bauwerken behandelt. Ergebnis der geotechnischen Erkundung ist die Ausweisung einer geotechnischen Kategorie (GK 1 bis GK 3), die sich nach dem Schwierigkeitsgrad des Bauwerks richtet und letztlich auch die Honorarbildung beeinflusst. Im zweiten Abschnitt seines Vortrags erläuterte Herr Bauer detailliert Art und Umfang der Baugrunderkundung, die mit dem Planer abzustimmen sind. Kriterien sind dabei die Anordnung der Aufschlüsse und die erforderliche Tiefe der Erkundung im Lasteinflussbereich verschiedener Baumaßnahmen. Anschließend führte der Referent technische Möglichkeiten der Erkundung auf, von direkten und indirekten Aufschlussverfahren, der jeweiligen Güteklasse der Proben bis zu den verschiedenen Laborversuchen. Anhand von zwei konkreten Projekten wurden die Anforderungen an die Erkundung und die fallspezifischen Herausforderungen erläutert. Zusammenfassend empfiehlt Herr Bauer eine vorausschauende Konzeption der geotechnischen Untersuchungen und eine möglichst frühzeitige Abstimmung mit dem Planer und Statiker.
Böschungssicherung der ehem. Deponie Karlstein
Im letzten Vortrag der Veranstaltung ging Herr Matthias Schwalb, Tauw GmbH, auf das Thema Erosion von Deponieböschungen und mögliche Böschungssicherungssysteme ein. Die Ursache der Erosion an Deponieböschungen liegt demzufolge bereits in der Standortwahl und der Betriebsweise der früheren Deponien. Häufig wurden die Abfälle an Böschungen abgekippt. So entstanden übersteile Böschungen, in denen durch Wasserzutritte, Wasserläufe am Böschungsfuß und Abbauprozesse zusätzliche Standsicherheitsprobleme auftreten. Anhand zahlreicher Praxisbeispiele erläuterte Herr Schwalb die Problematik sehr anschaulich. Anschließend stellte der Referent verschiedene Möglichkeiten einer Erosions- und Böschungssicherung vor: Die Abflachung und Modellierung steiler Deponieböschungen auf Regelneigungen von ca. 1:3, die Sicherung des Deponiefußes durch Steinschüttungen, Winkelelemente, Gabionenwände oder Spundwandverbau. Näher ging Herr Schwalb auf die Möglichkeit und die Vorteile einer Bewehrte Erde-Konstruktion und die Ableitung des Oberflächenwassers ein. Hinsichtlich der Förderung von Sicherungsmaßnahmen ist eine wesentliche Voraussetzung, dass im Rahmen der Detailuntersuchung das Erfordernis der Abwehr schädlicher Bodenveränderungen gem. § 2 BBodSchG, insbesondere der Abwehr von Schadstoffverfrachtungen, festgestellt wird. Im Fall nicht standsicherer Böschungen sind dann spätestens im Rahmen der Sanierungsuntersuchung und der Wahl der vorzugswürdigen Sanierungsvariante eingehende geotechnische Untersuchungen vorzusehen, deren Umfang und Ergebnisse Herr Schwalb detailliert erläuterte.
Die Resonanz auf die Veranstaltung war sehr positiv. Zu diesem schönen Erfolg trugen maßgeblich die Referierenden mit ihren interessanten und sehr aktuellen Vorträgen sowie die Moderierenden bei. Dafür an dieser Stelle nochmals ein besonderer Dank. Ebenso ergeht ein Dank an die BVS für die hervorragende Organisation der Veranstaltung, dem Team des Markgrafensaals Schwabach für die Veranstaltungstechnik und die Erstellung des Livestreams sowie natürlich auch an alle Teilnehmenden für die rege Beteiligung und ihre Diskussionsbeiträge.
Bildrechte:
Foto Auditorium: Veronika Hutter, BVS
Foto Karlstein: Dipl.-Ing. (FH) Matthias Schwalb, TAUW GmbH Niederlassung Regensburg
Bericht auch in GAB Kompakt 01/25, März 2025