Oberflächenabdichtung und Fassung von Schichtgrundwasser

Realisierung einer Oberflächenabdichtung und Fassung von Schichtgrundwasser

Sanierung/Sicherung der innerörtlich gelegenen Hausmülldeponie “Am Kapf“, Markt Jettingen-Scheppach

Planung der Deponieabdichtung

In der Marktgemeinde Jettingen-Scheppach (Landkreis Günzburg) befindet sich im Ortsteil Scheppach auf einer Fläche von 3.100 m², allseitig umschlossen von innerörtlichen Straßen und Wohnbebauung, eine ehemalige kommunale Hausmülldeponie (HMD).

Diese wurde in einer in den 1930er Jahren angelegten Sandgrube betrieben. Nachdem die Verfülltätigkeit etwa 1980 eingestellt worden war, wurde das Deponat, wie seinerzeit üblich, lediglich mit einer Rekultivierungsschicht in einer Stärke von ca. 50 cm bis 80 cm abgedeckt. Seitdem lag das Gelände als Grünfläche vor. Eine ursprünglich vorgesehene Nutzung als Spielplatz wurde nach Bekanntwerden der ersten Ergebnisse von Altlastenuntersuchungen im Jahr 1991 verworfen.

Neben dem “üblichen“ Inventar derartiger Deponien mit einem heterogenen Gemenge aus Boden, Bauschutt, Straßenaufbruch, Haus- und Sperrmüll, Grünabfällen etc. war nach Aktenlage darüber hinaus anzunehmen, dass auch Galvanik-Filterschlämme eines örtlichen Betriebes eingelagert worden waren.

Die Einlagerungen erfolgten in einer Mächtigkeit bis etwa 15 m unter Gelände, wobei sich die (nicht abgedichtete) Deponiesohle nur etwa 1 m über dem Grundwasserspiegel befindet. Das Verfüllvolumen der Deponie liegt insgesamt bei etwa 35.000 m³.

Deponieinventar (Sanierungsplanung, 2020)

Deponieinventar (DU 2010); Müllkörper bis ca. 14,8 m Tiefe ohne Sohlabdichtung auf sandigem Untergrund

Detailuntersuchung

Die Detailuntersuchung erfolgte in mehreren Phasen zwischen 2010 und 2014 in Verbindung mit einem regelmäßigen Grundwassermonitoring sowie einem hydrochemischen Pumpversuch in einer Abstrommessstelle. Aus der im Deponieabstrom festgestellten massiven und dauerhaften Grundwasserbelastung durch Bor ergab sich das Erfordernis einer Sanierung/Sicherung der früheren Hausmülldeponie.

Die Borkonzentration im Abstrom der Altablagerung überschreitet dabei konstant die Konzentration des unbelasteten Zustroms (meist um 0,01 mg/l) um das rund 150-fache, teilweise sogar um mehr als das 1000-fache. In der Spitze wurde eine Borkonzentration von bis zu 11 mg/l nachgewiesen. Zum Vergleich: gemäß LfW-Merkblatt 3.8/1 liegt der Differenzwert (Stufe-1-Wert) für Bor bei + 0,1 mg/l.

Eine Abschätzung der Borfracht, die mit dem Grundwasserabstrom jährlich aus dem Deponiekörper ausgetragen wird, ergab hochgerechnet eine mittlere Gesamtmenge in einer Größenordnung von 22,6 kg/a bis 32,3 kg/a.

Andere Schadstoffe waren im Grundwasserabstrom dabei bislang nicht bzw. nur in nicht relevanten Konzentrationen nachzuweisen.

Unter Berücksichtigung des Einzugsgebiets für das Oberflächenwasser wurde darüber hinaus berechnet, dass bis zu ca. 550 m³ Niederschlags- und Oberflächenwasser jährlich in den Deponiekörper einsickern und damit entsprechend schadstoffangereicherte Deponiesickerwässer in das Grundwasser gelangen können. Auch musste aufgrund der geologischen Verhältnisse von einer temporären Ausbildung eines Schichtgrundwasservorkommens im Grenzbereich zwischen quartären Deckenschotterablagerungen und unterlagernden tertiären Sandabfolgen ausgegangen werden, über das rechnerisch bis zu 1,2 l/s dem Deponiekörper zufließen können.

Im Ergebnis dieser Detailuntersuchung erfolgte im Jahr 2014 behördlicherseits die Aufforderung an den Markt Jettingen-Scheppach zur Durchführung einer Sanierungsuntersuchung nach BBodSchG.

Sanierungsuntersuchung

Die Sanierungsuntersuchung wurde zwischen 2015 und 2016 durch die Kling Consult GmbH, Krumbach, die auch mit der Detailuntersuchung beauftragt war, durchgeführt. Diese wurde ausschließlich auf den Wirkungspfad Boden-Grundwasser abgestellt. Die Wirkungspfade Boden-Mensch und Boden-Nutzpflanze waren auf Grundlage der vorangegangenen Untersuchungen in diesem Fall nicht relevant.

Im Zuge der Variantenbetrachtung wurde die Sicherung des Deponiekörpers durch den Aufbau einer qualifizierten Oberflächenabdichtung in Kombination mit einer Fassung des temporären Schichtgrundwasservorkommens vorgeschlagen und behördlicherseits genehmigt. Damit sollte die Bormobilisierung aus dem Deponiekörper durch einsickerndes Oberflächen- und Schichtgrundwasser unterbunden werden.

Sanierungsplan und Bauausführung

Die Sanierungsplanung und Begleitung der Bauausführung für dieses von der GAB geförderte Sanierungsprojekt wurde auf Grundlage einer entsprechenden Ausschreibung des Marktes Jettingen-Scheppach im Juni 2019 an die Kling Consult GmbH, Krumbach vergeben. Die Genehmigung zur Durchführung der Sanierung auf Grundlage der Sanierungsplanung erfolgte durch das zuständige Landratsamt Günzburg nach diversen Abstimmungen im Dezember 2020. Bereits im Juli 2020 wurde jedoch vorab die wasserrechtliche Genehmigung zur Sammlung und Ableitung des temporär anfallenden und abzuleitenden Schichtgrundwasservorkommens sowie zum Bau einer entsprechenden Versickerungsanlage (Rigole) außerhalb des Deponiekörpers genehmigt. Diese ist gleichzeitig für die Ableitung des im Bereich der zukünftigen Abdichtung anfallenden Oberflächenwassers vorgesehen.

In der 1. Bauphase wurden zunächst die Randdrainage zur Ableitung des Schichtgrundwasservorkommens und die Versickerungsanlage außerhalb des Deponiekörpers errichtet.

In der 2. Bauphase wurde die eigentliche Sicherung der Deponie durch den Aufbau einer qualifizierten Oberflächenabdichtung realisiert. Deren Hauptabdichtungskomponente besteht aus einer Kunststoffdichtungsbahn (KDB) mit darüber angeordnetem Kunststoffdrainelement (KDE). Grundsätzlich handelt es sich bei der Abdeckung der Deponie nicht um eine nach Abfallrecht erforderliche Maßnahme. Die Abdeckung wurde dennoch unter Berücksichtigung bzw. in Anlehnung an die einschlägigen Vorgaben aus der Deponieverordnung und den untergeordneten Regelwerken konzipiert.

Bei der Planung der Oberflächenabdichtung musste dabei, aufgrund der örtlichen Verhältnisse und der daraus resultierenden Lage der erforderlichen Versickerungsanlage, berücksichtigt werden, dass die Abflussverhältnisse im Abdeckungsbereich grundlegend verändert werden mussten, um das künftig auf der Abdeckung anfallende Niederschlagswasser in den Bereich der Versickerungsanlage ableiten zu können. Am Westrand des Deponiegeländes war es daher erforderlich, eine rund 3 m hohe Gabionenstützwand entlang der dort verlaufenden Straße vorzusehen, um entsprechende Geländeanhebungen realisieren zu können.

Die Bauphase 1 wurde im Oktober und November 2020 umgesetzt. Die nach beschränkter Ausschreibung nach VOB mit den Bauarbeiten beauftragte Baufirma Leonard Weiss GmbH & Co. KG, Günzburg erstellte planungsgemäß die erforderliche Randdrainage zur Fassung des temporären Schichtgrundwasservorkommens im Übergangsbereich zwischen den quartären Deckenschottern und den tertiären Sandböden. Diese wurde an zwei randlich des Deponiekörpers erstellte Sickerschächte im Straßenbereich, teils bei sehr dichter Spartenlage, angeschlossen.

Herausfordernd war in der Bauphase 1 jedoch vor allem die Herstellung der für die zukünftige Ableitung des auf dem gesicherten Deponiekörper anfallenden Oberflächenwassers benötigten Rigole im Straßenbereich mit beengten Platzverhältnissen. Hierfür wurden insgesamt 148 Kunststoffrigolenfüllkörper in zwei Lagen übereinander unterhalb des Straßenkörpers verlegt und über einen Drosselabfluss als Notüberlauf an die örtliche Kanalisation angeschlossen.

Die Bauleistungen zur Herstellung der Oberflächenabdichtung wurden nach nationaler öffentlicher Ausschreibung nach VOB an die Firma Geiger Umweltsanierung GmbH & Co. KG, Oberstdorf vergeben. Mit der Ausführung dieser 2. Bauphase wurde im Juli 2021 begonnen, bereits vor dem Hintergrund sich abzeichnender Rohstoffengpässe in Folge der Corona-Pandemie.

Unter der Vorgabe, dass in den vorhandenen Deponiekörper nicht bzw. nur in einem absolut erforderlichen Mindestmaß im Bereich der unmittelbar angrenzenden Verkehrswege eingegriffen wird und entsprechendes Deponat ausschließlich vor Ort umzulagern ist, wurde zunächst eine Grundprofilierung des Deponiekörpers zur Herstellung des gewünschten Gefälles zur Ableitung des zukünftig anfallenden Oberflächenwassers mit einer darüber liegenden Gasdrainageschicht eingebaut. Hierzu wurden gemäß behördlicher Genehmigung vorwiegend organoleptisch unauffällige Sekundärbaustoffe bis zum LAGA-Zuordnungswert Z2 wie Boden-Bauschuttgemische, Bauschuttsortimente sowie auch Gießereisande, die sich als besonders geeignet zur Herstellung als Auflager für die KDB herausstellen, eingesetzt. Parallel hierzu wurde die Gabionenstützwand an der Westseite der Altdeponie errichtet.

Oberhalb dieser Profilierungsschicht, die im obersten Bereich als Gasdrainageschicht mit zwei Passiventgasungselementen (Biofilter) ausgebildet ist, erfolgte die Verlegung einer Kunststoffdichtungsbahn und eines Kunststoffdränelementes als Ersatz für eine mineralische Abdichtungs- und Entwässerungsschicht. Hierdurch konnte der für die Deponieabdeckung erforderliche Mindestaufbau insbesondere in den Anbindungsbereichen an die bestehenden Straßenzüge auf ein Mindestmaß reduziert werden.

Herstellung Gasdränageschicht aus Gießereisand mit kontinuierlicher Überdeckung durch Vlies und Kunststoffdichtungsbahn

Oberhalb des Abdichtungselementes wurde eine 150 cm mächtige Wasserhaushaltsschicht aufgebaut, um die Menge des zukünftig von der Deponieabdeckung abzuleitenden Oberflächenwassers so gering wie möglich zu halten. Die Eignung und Verlegung der Materialien aus Geokunststoffen sowie die Eignung und der Einbau der mineralischen Baustoffe wurden kontinuierlich durch separat beauftragte Fremdprüfungsinstitutionen geprüft und überwacht. Diese Tätigkeiten wurden durch die Polytest Ingenieure GmbH, Fürth (Geokunststoffe) bzw. durch die Altlasten und Abfall Consulting G. Seybold, München (mineralische Baustoffe) übernommen.

Weiterhin wurde ein bereits vor der Sanierung die Grünfläche querender Geh- und Radweg wiederhergestellt und mittels Treppen- und Rampenanlage wieder an den südlich angrenzenden Weg angeschlossen.

Die Abnahme der Baumaßnahme gemäß VOB erfolgte im Juli 2022. Entsprechend naturschutzfachlicher Vorgaben werden derzeit die Deponierandbereiche im Anschluss an das nördlich gelegene Wohngebiet wieder bepflanzt. Diese Bereiche waren vor der Sanierungsmaßnahme als eine mit verschiedenen Gehölzen und Bäumen bestandene Böschung ausgebildet, welche im Rahmen des Aufbaus der Oberflächenabdichtung angeschüttet werden musste.

Überdeckung der Abdichtungskomponenten mit Reku-Boden zum Aufbau einer Wasserhaushaltsschicht

Fazit und Ausblick

Durch das gute Zusammenspiel zwischen Gemeinde, Genehmigungs- und Fachbehörden, Fördermittelgeber, Planer, Fremdprüfer und Baufirmen sowie auch dem großen Verständnis der unmittelbar betroffenen Anwohnerschaft für die Notwendigkeit der Sanierungsmaßnahme kann deren Abschluss auch vor dem Hintergrund der coronabedingten Herausforderungen und der insbesondere in der Bauphase 2 ungünstigen, niederschlagsreichen Witterungsbedingungen als erfolgreich angesehen werden. Überraschungen traten aufgrund der im Vorfeld durchgeführten umfangreichen Vorerkundungsmaßnahmen in einem nur geringen Umfang auf.

Die Baukosten liegen bei rund 760.000 Euro netto, wobei die Kosten für die Bauphase 1 in Höhe von 190.000 Euro netto gegenüber den Kosten für die Bauphase 2 deutlich in den Hintergrund treten.

Die sanierungsbegleitend durchgeführte vierteljährliche Grundwasserüberwachung zeigt bereits mit Abschluss der Sanierungsarbeiten einen Trend zu abnehmenden Borkonzentrationen im Grundwasser. Nachdem der Eintrag von Oberflächen- und Schichtgrundwasser in den Deponiekörper nun vollständig unterbunden ist, wird erwartet, dass sich dieser Trend in Zukunft fortsetzt. Dies wird sich jedoch erst im Zuge der nachgeschalteten, mehrjährigen Nachsorgephase durch die Fortführung des Grundwassermonitorings abschließend bestätigen lassen.

Deponiegelände nach Abschluss aller Arbeiten

Autor / Bildrechte:

Autor: Dipl.-Geol. Jan Peter Burghard, Kling Consult GmbH, Krumbach

Bildrechte: Kling Consult GmbH, Krumbach

Bericht auch in GAB Kompakt 04/2022 veröffentlicht, Dezember 2022