Oberflächenabdichtung und Grundwassersanierung im Trinkwasserschutzgebiet
Sanierung einer ehemaligen Hausmülldeponie der Stadt Weilheim i.OB
Bei der ehemaligen Deponie „Unterhausen“, Stadt Weilheim i.OB, handelt es sich um eine offengelassene Kiesgrube, die im Zeitraum von ca. 1948 bis ca. 1980 als gemeindeeigener Müllablagerungsplatz betrieben wurde. In dieser Zeit wurden neben Hausmüll, Erdaushub und Bauschutt auch Farben und Lacke eines ortsansässigen Farbenproduzenten deponiert.
Die Ablagerungsmächtigkeit beträgt durchschnittlich ca. 3 m und reicht bereichsweise bis in Tiefen von 4,0 bis 4,5 m. Der Deponiekörper umfasst eine Gesamtfläche von ca. 9.200 m². Das Verfüllvolumen liegt bei rund 28.000 m³ Material. Es existieren weder eine Basis- noch eine geregelte Oberflächenabdichtung.
Aufgrund der fehlenden geregelten Oberflächenabdichtung sind Schadstoffe aus dem Deponat in den darunterliegenden Grundwasserleiter mobilisiert worden. Eine daraus resultierende Schadstofffahne mit leichtflüchtigen halogenierten Kohlenwasserstoffen (LHKW) erreicht eine Fläche von ca. 10.800 m² und hat sich in nordwestliche Richtung in das Trinkwasserschutzgebiet Wielenbach ausgebreitet.
Die ehemalige Deponie liegt östlich des Ortsrands von Unterhausen zwischen der Bundesstraße B2 im Süden und der Dorfstraße im Norden. Die nächste Wohnbebauung ist ca. 120 m entfernt.
Bild 1: Gesamtbaumaßnahme
Allgemeine Standortdaten – Geologie - Hydrogeologie
Unterhalb des Ablagerungskörpers stehen sandige Kiese und bereichsweise sandige Schluffe an. Darunter folgen Beckensedimente und Grundmoräne als Grundwassergeringleiter mit einer Mächtigkeit von ca. 8 - 9 m. Dieser ist gemäß Lithologie schwach durchlässig.
Der oberflächennahe Grundwasserleiter ist geringmächtig bis bereichsweise nicht vorhanden (Umfließen bindiger Partien). Der Grundwasserflurabstand beträgt im Mittel etwa 4,5 m. Bei Grundwasserhöchststand stehen ca. 2 % des Deponiekörpers in Kontakt mit dem Grundwasser.
Der 2. Grundwasserleiter ist leicht gespannt mit einem Druckspiegel im, bzw. leicht über dem Höhenniveau des 1. Grundwasserleiters. Die Trennlage zwischen dem 1. und dem 2. Grundwasserstockwerk ist nicht stark ausgeprägt, zeigt aber nach bisheriger Kenntnis eine ausreichende Schutzwirkung, da kaum Beeinträchtigungen im 2. Grundwasserstockwerk festzustellen sind.
Die Durchlässigkeiten und Fließgeschwindigkeiten im obersten Grundwasserleiter sind sehr variabel, je nachdem ob der Aquifer aus schluffigen Schmelzwassersanden oder aus Schmelzwasserkiesen aufgebaut wird.
Sanierungserfordernis
Gemäß den vorliegenden Gefährdungsabschätzungen und Sanierungsuntersuchungen wurde die Sanierung der ehemaligen Deponie Unterhausen zur Gefahrenabwehr für den Wirkungspfad Boden-Grundwasser als erforderlich erachtet. Für weitere Wirkungspfade (Boden-Mensch, Boden-Nutzpflanze, Boden-Bodenluft-Mensch) liegen gemäß den vorliegenden Untersuchungen keine sanierungsrelevanten Sachverhalte vor.
Als Sanierungsmaßnahmen wurden sowohl die Sicherung des Deponiekörpers durch eine Oberflächenabdichtung als auch die Sanierung der bereits eingetretenen Grundwasserverunreinigungen im Deponieabstrom durch eine hydraulische Grundwasserreinigung (pump and treat Maßnahme) festgelegt.
Um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass durch die Arbeiten zur Oberflächenabdichtung Schadstoffe in das Grundwasser mobilisiert werden können, sollte die Anlage zur Grundwasserreinigung bereits vor Beginn der Baumaßnahme in Betrieb genommen werden.
Durchführung der Maßnahmen
Die dibauco GmbH wurde mit der Durchführung der Planung in Anlehnung an die Leistungsphasen 3 bis 9 der HOAI von der Stadt Weilheim i.OB beauftragt. Die Baumaßnahmen zur Sanierung der Deponie Unterhausen wurden durch die Firma Geiger Umweltsanierung GmbH von Februar 2021 bis März 2022 durchgeführt.
Für die Maßnahme des Sanierungsplanes wurden folgende Sanierungsziele definiert:
Sanierungsziel 1: Verhinderung der Sickerwasserentstehung
Sanierungsziel 2: Sanierung der Grundwasserverunreinigung
Bild 2: Lageplan Deponiebereich mit Ausgestaltung der Sanierungselemente (Oberflächenabdichtung)
Sanierung der Grundwasserverunreinigung
Die Grundwassersanierung konzentriert sich auf die Abstromfahne nördlich der Deponie, da diese innerhalb der Zone III des Trinkwasserschutzgebietes Wielenbach liegt. Die in den Messstellen außerhalb des Schutzgebietes festgestellten LHKW-Belastungen zogen aufgrund ihrer Gehalte weit unter dem Stufe-1-Wert keine weiteren Sanierungsmaßnahmen nach sich.
Für den Bereich innerhalb des Schutzgebietes wurde die Errichtung eines Brunnenfeldes mit den 6 Förderbrunnen SAN-1 bis SAN-6 vorgesehen. Die Sanierungsbrunnen wurden außerhalb der Deponieabdeckung positioniert und die Eingriffe in die landwirtschaftlich genutzten Flächen nördlich der aktuellen Dorfstraße relativ gering gehalten.
Bei der Brunnenkonfiguration wurde anhand der Ergebnisse der Voruntersuchungen eine Gesamtförderrate von etwa 5 m³/h ermittelt. Bei der Erstellung der Sanierungsbrunnen wurde jedoch eine hochdurchlässige Kiesrinne angetroffen, weshalb die Grundwassermodellierung überarbeitet werden musste. Gemäß überarbeitetem Modell wurde eine erforderliche Gesamtförderrate von ca. 38,5 m³/h für die Betriebsphase der bauzeitigen Abstromsicherung berechnet. Die Sanierungsanlage wurde daher für eine maximale Fördermenge von bis zu 40 m³/h in zwei Fördersträngen ausgelegt. Die Reinigung erfolgt über Kies- und Aktivkohlefilter.
Das Reinwasser wird über einen Schluckbrunnen im Bereich der hochdurchlässigen Kiese außerhalb der aktuellen Schadstofffahne und außerhalb des Trinkwasserschutzgebietes westlich der Deponie versickert.
Die vor Inbetriebnahme der Anlage durchgeführte (überarbeitete) Grundwassermodellierung ergab als erforderlichen Zeitraum der Grundwassersanierung an den geplanten 6 Brunnen eine Betriebsdauer von mindestens einem halben Jahr nach Fertigstellung der Deponieabdeckung.
Als Sanierungsziel der Grundwassersanierung wurde die dauerhafte Unterschreitung des Stufe-1-Wertes für LHKW und PAK an den innerhalb des Wasserschutzgebietes liegenden Referenzmessstellen festgelegt. Dies bedeutet, dass auch nach Abschaltung der Anlage keine Erhöhung der Werte an den Messstellen über den Stufe-1-Wert hinaus eintreten darf.
Innerhalb des durch die Grundwassermodellierung ermittelten Zeitrahmens von mindestens 6 Monaten ist gemäß Modellrechnung auch damit zu rechnen, dass der Grundwasserkörper unter der Deponie größtenteils ausgetauscht wurde. Die während der Bauphase auftretenden erhöhten Mobilisierungen sind damit im Rahmen der erwünschten Abstromsicherung ebenfalls mit hoher Sicherheit erfasst worden.
Bild 3: Grundwassersanierungsanlage
Verhinderung der Sickerwasserentstehung durch Oberflächenabdeckung
Die Abdeckung der Deponie Unterhausen stellt eine Sicherungsmaßnahme nach dem Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG) dar und ist keine nach Abfallrecht erforderliche Maßnahme an einer stillzulegenden Deponie. Die Deponieverordnung und die untergeordneten Regelwerke wurden dennoch als Richtschnur für die Planung herangezogen, da der Zweck der Sicherung der Altablagerung in den wesentlichen Punkten dem Zweck einer Oberflächenabdichtung einer Deponie der Klasse DK-I entspricht.
Für die Oberflächenabdeckung einer Deponie der Klasse DK-I werden nach Deponieverordnung (DepV), Anhang 1 folgende Komponenten vorgesehen:
- Ausgleichsschicht / Profilierung zur Herstellung des Regelgefälles nach Setzung > 5 %.
- Erste Abdichtungskomponente - hier wurde gemäß den Vorabstimmungen eine Kunststoffdichtbahn (KDB) eingesetzt (min 2,5 mm Dicke).
- Entwässerungsschicht - mineralisch mindestens 0,30 m.
- Rekultivierungsschicht in Abhängigkeit von der zukünftigen Nutzung: Mindestdicke nach DepV = 1 m
Eine Gasdrainage wird in der DepV für die DK-I nicht als Regelfall vorgegeben.
Es konnte nicht vollständig ausgeschlossen werden, dass es im Deponat zu einer geringen Gasentwicklung kommen wird. Zu diesem Zweck wurde die Errichtung einer 30 cm mächtigen gaswegsamen Schicht mit einer 10 cm dicken ebenfalls gaswegsamen Schutzschicht als KDB – Auflager und einer passive Behandlung des ggf. anfallenden Deponiegases in einem Gasbrunnen (Biofilter) vorgesehen.
Die Oberflächenentwässerung der Deponieabdeckung wird in der Fläche durch eine Drainagematte gewährleistet, die unmittelbar auf der KDB aufliegt. Die Deponieabdeckung geht an den Rändern der Deponie in einen Randgraben über, der lückenlos mit der KDB ausgelegt ist.
Der Schichtaufbau der Deponieabdeckung der Deponie Unterhausen ist in Bild 4 dargestellt.
Bild 4: Schichtaufbau Deponieabdeckung Unterhausen
Bild 5: Aufbau der Oberflächenabdichtung
Bild 6: Aufbau der Ringdrainage
Abschluss der Maßnahme
Im Rahmen der Nachsorge wurden Maßnahmen zur Kontrolle von lokalen Setzungen im Deponiekörper vorgesehen (Vorgaben des Bescheids). Außerdem sind Grundwasseruntersuchungen und die regelmäßige Wartung / Kontrolle des Biofilters und der Drainagestränge erforderlich. Das Nachsorgehandbuch ist derzeit in Bearbeitung.
Die Baumaßnahmen zur Errichtung der Oberflächenabdichtung konnten entsprechend den Vorgaben im für verbindlich erklärten Sanierungsplan im März 2022 abgeschlossen werden. Mit heutigem Stand liegen die Schlussrechnungen der beteiligten Unternehmen noch nicht vor. Die Gesamtkosten werden bei rd. 2,1 Mio. Euro [brutto] liegen.
Derzeit wird die Abschlussdokumentation erstellt, auf deren Grundlage dann die abfallrechtliche Abnahme der Deponieabdeckung erfolgt.
Kurzprofil der Sanierungsmaßnahme
Auftraggeber: Stadt Weilheim i.OB
Finanzielle Unterstützung: Gesellschaft zur Altlastensanierung in Bayern mbH
Planungsleistungen in Anlehnung an die HOAI / Bauoberleitung / örtliche Bauüberwachung /SiGeKo: dibauco GmbH
Fremdüberwachung: IFB Eigenschenk GmbH
Bauausführung Grundwassersanierung: Geiger Umweltsanierung GmbH & Co. KG
Bauausführung Deponieabdeckung: Geiger Umweltsanierung GmbH & Co. KG
Sanierungsbrunnen: Baugrund Süd Gesellschaft für Bohr- und Gerätetechnik mbH
Probenahmen/Laborleistungen: Blasy + Mader GmbH / Agrolab Group / Sakosta GmbH
Rodungsarbeiten: Benedikt Ley GmbH
Planungszeitraum: 2017 bis 2020
Sanierungszeitraum: Februar 2021 bis März 2022
Autoren / Bildrechte: Michael Funke, dibauco GmbH und Tanja Funke, dibauco GmbH
Bericht auch in GAB Kompakt 02/2022 veröffentlicht, Juni 2022